
Corps-á-Corps feat. MC Nancy, sound piece / electronic album, 47 min, 2018
Staged as a listening session at Kunstverein München, curated by Post Brothers
Co-produced, mixed and mastered by Lobo at Kraftraum 404
Additional recordings: Mathias R. Zausinger (sax) and Miko Watanabe (tamtams,
jazz drums)
Cover Artwork (top) by Jakob Gilg
Self published as a limited edition of custom cut double-LPs (sponsored by Duophonic Augsburg)
‚Corps-á-corps‘ is the French expression for close fighting. Literally it means ‚body-to-body‘: the close relation between individual bodies as well as their singular physical and mental condition of being a collection of „items, pieces, limbs, areas, shapes, functions. Heads, gristles, burns, tendernesses, splashes, sleep“ – corpus corporum. Kalas Liebfried‘s electronic music piece and essayistic album named after that phrase is based on Jean-Luc Nancy‘s aphorism collection „58 indices sur le corps“ (engl. „58 indices on the body“) which tries to explore the way we can negotiate and perceive the „pieces, areas, fragments“ of what we call a body. Kalas Liebfried uses found footage material of Jean-Luc Nancy reading the indices and transforms his voice into the verses of a MC who is ready to set a dancing crowd into a dionysian flush.
After three months of collecting and home-recording a mount of sample materials relating associatively to Nancy‘s thoughts, Liebfried has sketched ten tracks out of rough percussions, noise snippets and the philosopher‘s voice. These études became the foundation for another three months of instrumental studio sessions with Lobo at Kraftraum 404 (Munich). During this period the tracks have been decomposed and brought on a stretch as an essay about the affective relation between electronic music and the (inter-)subjective body.
A specific sound which oscillates between an organic and a synthetic „body of sounds“ is created by combining samples, synthesizers (e.g. the 1982 Roland Juno 60 and the Access Virus Ti2) and recorded saxophone and percussion patterns as a counterpoint to Nancy‘s readings.
Using minimal composition techniques, Kalas Liebfried develops a process of continuous narrative sequences. The whole composition is considered as a hybrid somewhere between a philosophical lecture, an experimental cinema, and an underground club: a piece which has no need for any imagery and prefers to evoke scenes in the minds of the recipient. „Corps-á-Corps feat. MC Nancy“ is presented as a listening session in a completely dark room. The sonic performance leaves the auditor alone with his hearing and the sonic affection on his body, dismissing his spare senses: the body becomes immaterial, „a sketch, an outline, an idea.“ The own body becomes audible and turns into a resonating body, together with all the other bodies in the dark space – chiming to Jean-Luc Nancy‘s disembodied cosmic voice.

Visual Counterpoint: „Corps-à-Corps“, video, 5:45, 2017/2018









Tanzen, tanzen, tanzen
von Gerko Egert
Körper ist Rhythmusbündel, Kontenpunkt, Interferenz von Bewegungen, Falten. Falten über Falten. Falten, fallen, tanzen, tanzen.
Körper ist Block. Empfindungsblock. Musikblock, Körperblock. Bewegungsblock. Blöcke, die niemals eins sind. Blöcke sind geschichtet. Öffnen sie sich, zeigen sie Ablagerungen und Sedimentierungen. Immer feiner werden Linien, die sich aneinander reiben.
Musik ist Block. Ist Schichtung. Sounds überlagern Sounds, Schichten überziehen Schichten. Bass ist Schicht, Sample ist Schicht, Sprache ist Schicht. Tanzen sediert diese Schichten, filtert. Bewegungen verkoppeln sich mit der Musik und lösen einzelne Schichten heraus, vergrößern sie und lassen sie Tanz werden.
Bewegung ist Block. Bewegungen schichten sich über Bewegungen, sie überlagern sich, doch sie stehen niemals still. Sie streben in unterschiedliche Richtungen und zusammen bilden sie Körper. Bewegte Körper. Körper, die niemals nur eine Bewegung ausführen, sondern immer schon viele Bewegungen sind. Blut kreist, Füße kreisen, Arme heben, Kopf schwingt: Tanzen.
Geschwindigkeit ist Block. Geschwindigkeit ist Intensität und Dynamik. Geschwindigkeit kommt nicht aus der Bewegung selbst; sie kommt woanders her. Musik bringt Geschwindigkeit. Treibt an, beschleunigt, stoppt. Im Tanz wird Musik zum Spiel mit Geschwindigkeiten. Schnelligkeiten und Langsamkeiten verbinden sich, durchkreuzen sich und werden auseinanderdifferenziert: schnell Arme, statischer Rumpf. Für Tanz ist Musik oft zu schnell (und zu langsam). So viel Geschwindigkeit kann kein Körper bewältigen.
Hören ist Block. Hören ist das wahrnehmen der Geschwindigkeiten in der Musik. Hören ist mehr als bloß Akustik. Hören ist die kinetische Abstimmung mannigfaltiger Geschwindigkeiten. Körper müssen sich kalibrieren und filtern welche Geschwindigkeiten sie aufnehmen können, welche sie überfordern. Das Ohr wird zum Seismographen, der Körper wird Ausschlag. Mikroerschütterungen ziehen sich durch die Körper. Ein hörender Körper scheint als bestehe er aus Ruhe, doch er ist voller Bewegungen. Mikrobewegungen der Musik. Unsichtbares Tanzen.
Körper ist Track. Musik bildet Tracks: Musik verbindet, Musik schichtet und mixt. Rhythmen, Sounds und Wiederholungen; Wörter, die sich erkennen lassen, die abreißen, die wiederkommen und zu Sätzen werden. Plötzlich bricht alles zusammen und alle Sounds bilden einen Rhythmus, eine Spur. Bass allein. Auch Körper ist Track: Schichten von Bewegungen werden komponiert und re-komponiert. Oft vielfältig und abgestimmt, dann nur noch eine Bewegungsspur, die sich durch den Körper zieht, alles umfasst und alles bestimmt. Ausweglos scheint nur noch die eine Bewegungen möglich. Entkommen unmöglich. Kaum wahrnehmbar eine zweite Bewegung, eine andere Geschwindigkeit, eine Arithmetik. Zwei Bewegungen. Schichten entstehen und der Block wird zum Track.
Denken ist Track. Geschwindigkeiten überlagen sich, bilden Rhythmen und Körper als Tracks. Körper als Bewegungstracks. Doch Geschwindigkeit ist mehr als nur Körper: Sie kommt von außen, sie ist Musik und sie wird zur Bewegung – der Bewegung des Denkens. Das Denken ist ein Bewegungsfeld und seine Begriffe Schwingungszentren. Auch hier: niemals Einheit, sondern immer Schichtung, Geschwindigkeiten, die sich überlagern, Sätze, die entstehen und Gedanken, die sich bilden. Break. Synkope. Alles eine Bewegung. Dann wieder Einsatz von vielen. Rhythmen entstehen und Geschwindigkeiten werden zu Konzepten. Nicht unabhängig vom Körper, sondern als körperliche Schichtung. Denk- und Körperschichten im Block. Denk-Körper-Track.